Das Problem: Königsberg

Lateinkurs Klasse 12

Leonhard Euler, 1707 in Basel geboren und gestorben 1783 in St. Petersburg, ist der bedeutendste Mathematiker des 18. Jahrhunderts. Jeder Gymnasiast kennt ihn aus der 10. Klasse (der natürliche Logarithmus ist der Logarithmus mit der „Eulerschen Zahl“ e als Basis). Damit ist schon ein Arbeitsgebiet von ihm genannt: die Zahlentheorie. Wir haben uns allerdings mit einem anderen befasst: der „Analysis der Lage“, die seit Euler zu einem mächtigen Zweig der Mathematik angewachsen ist.

Euler hat in seinen frühen Jahren durchgängig lateinisch gelehrt und publiziert, später ist er entsprechend dem Trend der Zeit weitgehend auf das Französische ausgewichen. Wir verdanken die Anregung, einmal einen mathematisch-naturwissenschaftlichen neuzeitlichen Text im Lateinunterricht durchzunehmen, Prof. Dr. Peter Schreiber von der Universität Greifswald. Er hat uns auch aus der Universitätsbibliothek die Texte zur Verfügung gestellt.

Im 18. Jahrhundert war folgendes Problem weit diskutiert, aber nicht zufriedenstellend gelöst:

„Zu Königsberg in Preußen ist eine Insel A, genannt „der Kneiphof“, und der Fluss, der sie umfließt, teilt sich in zwei Arme. über die Arme dieses Flusses führen sieben Brücken a, b, c, d, e, f und g. Nun wurde gefragt, ob jemand seinen Spazierweg so einrichten könne, dass er jede dieser Brücken einmal, und nicht mehr als einmal überschreite.“

Euler löst dieses Problem in folgenden fünf Schritten:

1.: Er benennt die durch den Fluss getrennten Gebiete A,B,C und D. und den übergang von einem zum anderen Gebiet z.B. AB, unabhängig davon, auf welcher Brücke (a oder b) der Wanderer geht. Wenn er danach in Gebiet D geht, nennt er den Weg nicht AB + BD, sondern einfach ABD.

2.: Wenn der Weg des Wanderers auf 2 Gebieten liegt, wird er 1 Brücke benutzen, wenn er auf 3 Gebieten liegt, 2 Brücken und so weiter. Wenn er also, wie gefordert, 7 Brücken überschreitet, muss der Weg auf durch 8 große Buchstaben gekennzeichnet werden.

3.: Da der übergang AB und AC auf je 2 Brücken erfolgen soll, muss die gesuchte Großbuchstabenfolge die Buchstabenfolge AB und AC je zwei mal aufweisen, die Folge AD, BD und CD aber nur je einmal.

4.: Auf der Suche, ob eine solche Buchstabenfolge möglich ist, nimmt Euler nun zunächst ein einziges Gebiet in den Blick: das Gebiet A, in das die 5 Brücken a, b, c, d und e führen b. Von diesen Brücken betrachtet er zunächst nur a. Wenn der Wanderer diese Brücke überschreitet, muss er sich entweder zu Beginn oder am Ende seines Weges in Gebiet A befinden, der Buchstabe A wird also einmal auftreten. Falls 3 Brücken a, b und c nach A führen, wird die Wegbezeichnung des Wanderers den Buchstaben A zweimal mit sich führen (z.B. ABA), bei 5 Brücken drei mal und bei 7 Brücken vier mal.

5.: Da in Königsberg 5 Brücken zur Insel A führen, muss bei der Wegbezeichnung A drei mal auftreten, da 3 Brücken nach B führen, muss B zwei mal auftreten, letzteres gilt auch für D und C. Addieren wir die Anzahl der nötigen Buchstaben so kommen wir auf 9. Dies widerspricht aber der Forderung von Punkt 2, wo eine Folge von 8 Buchstaben gesucht wird. Somit ist es unmöglich den in der Problemstellung beschrieben Weg zu finden.